Wähler

Die Wähler in ihren verschiedenen Bauformen sind schlicht und ergreifend das Bauteil, was damals überhaupt erst Telefonverbindungen zum selbst anwählen per Nummernschalter (“Wählscheibe”) ermöglichte. Ohne Wähler hätte es nur weiterhin handvermittelte Telefonverbindungen, wie in der Frühzeit des Telefons, gegeben. Dabei waren diese Wähler schon ein kleines Kunstwerk der Feinmechanik, hinter denen ein ziemlicher Aufwand steckte.

Insbesondere Drehwähler, Heb- Drehwähler und später vor allem EMD - Wähler (Edelmetall - Motor - Drehwähler) bildeten die steuerbaren Wahl - Schaltglieder in der Vermittlungstechnik der Post.

Da die Beiträge über Wähler noch nicht fertig sind, hier zunächst ein Bauteil, was eigentlich kein Wähler ist, in der Funktionswirkung aber den gleichen Zweck erfüllt, der Zählmagnet.

Zählmagnet

Zählmagnet von SEL

Der Zählmagnet ist im Prinzip ein Zwischending aus Relais und Wähler und in seiner gesamten Konstruktion schon wesentlich moderner als die Wähler es waren. Man könnte sagen, es ist ein Relais mit 10 Ankern, die impulsweise nacheinander anziehen. Gibt man beispielsweise einen Impuls auf die Anzugs- / Steuerwicklung des Zählmagneten, so spricht der erste Anker an und sein Kontakt wird durchgeschaltet, gibt man beispielsweise sieben Impusle, auf die Steuerwicklung, so sprechen nacheinander die Anker 1 bis 7 an und der Anker 7 bleibt dann stehen. Bei 10 Impulsen ähnlich, natürlich bis zum Anker 10 (Wahl der 0). Das zusätzlich Raffinierte an dem Bauteil ist aber, dass wenn nun der Steuerstrom weg fällt, bleibt der zuletzt angesteuerte Anker auch ohne Strom in seiner Position stehen, dh. der diesem Anker zugehörige Kontakt bleibt auch betätigt - wie gesagt, auch ohne Strom an der Wicklung. Das funktioniert durch den Restmagnetismus (ähnlich wie bei einem Haftrelais), der durch die Auswahl bestimmter Materialien in den Metall - Legierungen der Anker und des Kerns erzielt wurde. Wollte man nun diese Anker wieder zum Abfallen (Auslösen) bringen, damit auch der entsprechende Kontakt wieder in seine Ruhelage kam, dann musste an einer zweiten höherohmigen Wicklung, die auf dem Spulenkern mit aufgebracht war, ein kurzer Spannungsimpuls in der umgekehrten Polarität / Polarisierung angelegt werden. Dadurch wurde der Restmagnetismus aufgehoben (“gelöscht”) und alle Anker fielen ab.

Zählmagnet von oben Zählmagnet, Rückseite / die Kontaktbank mit 10 Kontakten

oben links: der Zählmagnet von oben gesehen, man sieht schön die 10 Anker, die bei entreffenden Impulsen entsprechend der Anzahl der Impulse nacheinander ansprachen.

oben rechts: der Zählmagnet von der Kontaktbankseite (Rückseite), hier sind die 10 Kontakte zu sehen, die von den jeweils zugehörigen Ankern betätigt werden.

Die großen Vorteile dieser Zählmagneten gegenüber den typischen Wählern waren:

1) wesentlich geringerer Platzbedarf (etwa ein Viertel bis ein Drittel gegenüber einem Wähler)

2) wesentlich geringerer Energiebedarf (Steuerspule bei 24 Volt - Betrieb etwa 0,4 Ampere pro Impuls - beim Wähler je nach Bauweise 1 bis 2,5 Ampere pro Impuls; Abwurfspule bei 24 Volt - Betrieb etwa 0,02 Ampere)

3) wesentlich geringerer Wartungsaufwand (fast gar keiner)

4) wesentlich geringerer Schaltungs - Aufwand zur Auslösung in 0 - Stellung (beim Wähler musste eine Relaisschaltung her, die ihn nach Auslösung so lange weiterdrehte, bis er wieder auf die 0 Stellung kam, beim Zählmagneten genügte dafür ein kurzer Impuls auf die Abwurf - Wicklung, den man bei ensprechender Kontaktbestückung mit den vorhandenen Wählsteuer- und Wahlbegleitrelais erzeugen konnte).

Die Nachteile gegenüber den typischen Wählern waren:

1) nur ein einzelner Schaltkontakt pro Schaltschritt (bei Wählern je nach Anzahl der Kontakt - Arme / Mäuler mit 3, 4 oder 8 Kontaktmöglichkeiten pro Schaltschritt). Beim Zählmagneten musste daher hinter jeden Schaltkontakt noch ein Relais geschaltet werden, welches die gewünschte Kontaktzahl ermöglichte.

2) die Entwicklung des Zählmagneten kam im Prinzip zu spät, da waren Wähler schon überall etabliert und in Ferne als deren Nachfolger schon elektronische Lösungen zu erwarten.

Bei der Post wurden solche Zählmagnete meist nur in speziellen Baugruppen eingesetzt, z.B. in manchen Automatischen Prüfeinrichtungen, jedoch nicht zum Schalten der Wählverbindungen; während es besonders ab der zweiten Hälfte der 1960er Jahre etliche Nebenstellenanlagentypen gab, die anstelle von Wählern diese Zählmagnete als Wahl - Schaltglied nutzten.

Zählmagnet seitlich von vorne Zählmagnet von vorne, Spulenseite

Der hier abgebildete Zählmagnet ist eine Ausführung von SEL in der letzten Bauweise (ca. 1975), die älteren Ausführungen hatten die breite Spule waagerecht unterteilt in 2/3 Steuerspule und 1/3 Abwurfspule, also quasi als getrennte, separate Spulen auf eigenen Wickelkörpern, während man später, wie hier, beide Wicklungen auf den gleichen Wickelköper aufbrachte. Auf der Wicklungs - Schutzfolie erkennt man die Werte 1) 145 Ohm für die Steuerwicklung und 2) 240 Ohm für die (umzupolende) Abwurfwicklung. Interessant dürfte vielleicht sein, dass die Abwurfwicklung nur über entsprechende Vorwiderstände (oder Kondensatorentladung) mit einem schwachen, kurzem Impuls angesteuert werden durfte, weil es sonst unter ungünstigen Bedingungen passieren konnte, dass der erste Anker schon wieder anzog (weil sich dann ja wieder ein Magnetfeld aufbauen konnte).

Ich selbst hatte mir etwa 1973 mit zwei solchen Zählmagneten, wohl noch von der alten Sorte mit zweigeteilten Wicklungen, und entsprechendem Relais - Beiwerk eine Nebenstellenanlage gebaut, die rund 20 Jahre im Einsatz war und wo diese Zählmagnete in der ganzen Zeit nie irgendwelche Störungen oder einen Wartungsbedarf verursachten. Wähler hätte man in dieser langen Zeitspanne sicherlich öfters ausbauen und warten müssen und man hätte eine deutlich kräftigere Stromversorgung für Wähler einplanen müssen (mit entsprechend höherem ständigen Energiebedarf auch im Leerlauf).